Autor: Daniel Hupfer
Es fällt nicht leicht, in wenigen Worten zu beschreiben, was in den letzten Wochen alles passiert ist. Anfang April wurden Zölle von Trump angekündigt, die in diesem Ausmaß vom Markt und selbst von der US-Notenbank nicht erwartet wurden. Die Höhe der jeweiligen länderspezifischen Zölle wurde dabei von einer fast surreal anmutenden Formel abgeleitet, die letztlich impliziert, dass die Höhe des US-Handelsbilanzdefizites allein eine Funktion der Differenz von Zollsätzen ist. Dabei werden US-Handelsbilanzdefizite vom US-Präsidenten so eingeordnet, als wenn sie mit dem Verlust einer unternehmerischen Gewinn- und Verlustrechnung vergleichbar wären. Das ist natürlich komplett falsch. Handelsbilanzüberschüsse oder -defizite sind das Ergebnis höchst komplexer globaler Wertschöpfungsketten sowie Spezialisierungen. Zölle spielen dabei sicher auch eine Rolle, sind aber definitiv nicht dominant. Wenige Tage später kam dann die eine 180-Grad-Wende und die Zollerhöhungen (bis auf China) wurden zunächst für 90 Tage auf Eis gelegt.
Für Stiftungen, wie für viele andere Investoren, waren diese ersten Monate im Jahr 2025 wieder einmal ein herausforderndes Umfeld, da die internationalen Aktienmärkte die Ankündigung der Zölle mit herben Kursverlusten quittiert haben. Hintergrund ist die Angst vor einer Rezession in den USA, die mit den angekündigten US-Einfuhrzöllen an Wahrscheinlichkeit deutlich zugenommen hat. In einer Rezession sind Unternehmensgewinne in der Vergangenheit häufig rückläufig gewesen, so dass höhere Bewertungsniveaus von US-Aktien in einem solchen Umfeld nicht mehr zu rechtfertigen wären. Zudem ist der US-Dollar heftig unter Druck geraten und hat die Wertentwicklung von US-amerikanischen Aktien für Euro-Anleger zusätzlich negativ beeinflusst. Der Grund für die schwache Entwicklung des US-Dollars liegt wohl offensichtlich in der Politik der neuen US-Regierung. So werden der Wachstumsvorteil der US-Wirtschaft, der „sicherere-Hafen“-Status der US-Staatsanleihen, der Status des US-Dollars als Welt-Leitwährung und die Unabhängigkeit der Fed infrage gestellt.
In der Zwischenzeit haben sich die Kursverluste der Aktienmärkte wieder deutlich verkleinert. Insbesondere die Mehrzahl der europäischen Börsen notieren mittlerweile wieder seit Jahresanfang im Plus. Aber auch die US-Indizes konnten sich von den Tiefstständen von etwa Mitte April deutlich erholen. Hintergrund sind aus unserer Sicht einerseits die Hoffnung auf sogenannte „Deals“ zwischen den USA und den verschiedenen Handelspartnern und andererseits die gute Berichtssaison der Unternehmen zu den Ergebnissen des ersten Quartals 2025. Hier überzeugten aber vor allem die US-amerikanischen Unternehmen, die in der überwiegenden Zahl positiv überraschen konnten und aktuell eine durchschnittliche Gewinnsteigerung von etwa 12% gegenüber dem Vorjahresquartal aufweisen. In Europa gab es zwar auch eine Vielzahl von Unternehmen, die die Erwartungen übertroffen konnten, allerdings sind hier die Unternehmensgewinne im Vergleich zum Vorjahresquartal um etwa 3% gesunken.
Für das Gesamtjahr 2025 rechnen die Unternehmensanalysten derzeit mit einem Gewinnzuwachs für die amerikanischen Unternehmen im S&P500 von etwa 8% und für das Jahr 2026 von gut 12%. Rückenwind bekommen die Unternehmen in den USA derzeit vom schwachen US-Dollar, der internationale Gewinne, die in anderen Währungen anfallen, entsprechend aufwertet. Für die europäischen Unternehmen im Stoxx600 sieht die Betrachtung der Unternehmensgewinne 2025 deutlich schwächer aus, so wird mit einem Plus von aktuell nur 0,3% gerechnet. In 2026 soll das Plus allerdings wieder im zweistelligen Bereich liegen. Aus unserer Sicht sorgt der Blick auf die Entwicklung der Unternehmensgewinne damit für eine gewisse Entspannung im aktuell volatilen Umfeld, da dies immer noch einer der wichtigsten Faktoren zur Bestimmung der Aktienkursentwicklung ist.
Dennoch sind die ökonomischen Prognosen im aktuellen Umfeld mit sehr hoher Unsicherheit behaftet. Entschließe sich US-Präsident Donald Trump, die angekündigten Zölle vollständig zurückzunehmen, würde sich der Konjunkturausblick wieder aufhellen. Jedoch ist eine Eskalation des globalen Handelsstreits ebenfalls denkbar. Diesen beiden Szenarien Eintrittswahrscheinlichkeiten zuzuschreiben, ist insbesondere vor dem Hintergrund von Donald Trumps erratischem Politikkurs quasi unmöglich. Was heute noch gilt, scheint morgen bereits vergessen zu sein. Wie kurz die Halbwertszeit von ökonomischen Prognosen in diesem Umfeld ausfallen, wurde Anfang April deutlich. Nachdem Donald Trump die reziproken Zölle angekündigt hatte und sich eine Eskalation im Handelsstreit zwischen den USA und China abzeichnete, prognostizierten die ersten Volkswirte eine Rezession für die USA. Nur wenige Stunden danach ruderten sie jedoch zurück als Donald Trump eine temporäre Aussetzung der reziproken Zölle ankündigte. Aus diesem Grund halten wir es für umso wichtiger, keine übereiligen Schlüsse zu ziehen und Ruhe zu bewahren anstatt in Panik zu verfallen.
Wir empfehlen allen Stiftungsorganen in diesem Umfeld einen kühlen Kopf zu bewahren und die bestehende Anlagestrategie der Stiftung weiterhin konsequent umzusetzen, insbesondere weil der Anlagehorizont der meisten Stiftungen langfristig ist. Wir rechnen zwar mit einem weiterhin volatilen Aktienmarktumfeld in den kommenden Wochen, gehen aber von weiteren Handelsabkommen zwischen den USA und anderen Ländern aus und halten damit die Prognosen der Unternehmensanalysten zu den Gewinnen in 2025 für realistisch. Das Aktienmarktjahr 2025 sollte unter dieser Annahme ein versöhnliches Ende finden. Da wir gleichzeitig davon ausgehen, dass das Zinsniveau über das Gesamtjahr 2025 stabil bleiben dürfte, sollte es Stiftungen möglich sein mit einem gemischten Portfolio aus Aktien und Anleihen eine positive Rendite zu erzielen. Es bleibt allerdings wichtig, das Börsengeschehen und die US-Politik weiter eng zu verfolgen und entsprechend die Portfoliostruktur anzupassen, sollten sich gravierende Veränderungen ergeben.