Konjunktur & Strategie
7. Juli 2022

Kommt es zu einer Rezession?

Noch zu Beginn des Jahres sah es so aus, also ob 2022 unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein gutes Jahr werden würde. Doch mit dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine haben sich die ökonomischen Rahmenbedingungen kontinuierlich verschlechtert. Aufgrund der hohen Abhängigkeit von russischen Rohstoffen, vor allem von Öl und Gas, haben sich insbesondere in Europa und speziell bei uns in Deutschland die wirtschaftlichen Aussichten stark eingetrübt. 

Dies liegt vor allem daran, dass der Krieg zwischen Russland und der Ukraine mittlerweile viereinhalb Monaten anhält und er sich wahrscheinlich auch noch über eine lange Zeit fortsetzen wird, denn eine diplomatische Lösung ist weiterhin nicht in Sicht. Zudem zeigt sich, dass die Strategie des Westens, Russland komplett zu isolieren, bisher gescheitert ist. Viele Länder beteiligen sich nicht an den Sanktionen , weil sie Öl und andere Rohstoffe direkt aus Russland mit einem Abschlag gegenüber den Weltmarktpreisen beziehen können. 

Die große Unbekannte ist im Moment, ob Russland nach den planmäßigen Wartungsarbeiten an der Pipeline Nord Stream 1, die zwischen dem 11. und 21. Juli stattfinden, die Gasbelieferung wieder aufnimmt oder nicht. Wir gehen davon aus, dass Russland auch weiterhin auf Einnahmen aus Gaslieferungen in den Westen angewiesen ist. Fehlendes Gas könnte somit im Winter gar nicht das Hauptproblem der deutschen Wirtschaft sein. Kritischer sehen wir hingegen die generelle deutsche Exportabhängigkeit. So wies die deutsche Handelsbilanz, also die Differenz zwischen Ex- und Importen, im Mai das erste Mal seit der deutschen Wiedervereinigung ein Minus auf. Mit knapp einer Billion Euro wurde das größte Defizit seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1962 erzielt. Nachdem die deutsche Wirtschaft jahrzehntelang von ihrem Handelsüberschuss profitiert hat, sind diese Zeiten wohl nun erstmal vorbei.