Konjunktur & Strategie
25. Mai 2023

Neuer DAX-Rekord: Mehr Schein als Sein?

Nun ist es also doch passiert: Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer Rezession, da entgegen der ersten Schätzung das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal gesunken ist. Trotz des heftigen Gegenwinds, den schwache Wirtschafsdaten, eine immer noch viel zu hohe Inflationsrate und die restriktivere Geldpolitik der Notenbanken verursachen, hat der DAX in diesem Jahr fast 14 Prozent an Wert gewonnen und in der vergangenen Woche sogar einen neuen Rekord mit 16.332 Punkten erreicht. Viele Anlegerinnen und Anleger fragen sich, wie das angesichts der aktuellen Nachrichtenlage passieren konnte und ob an der Börse schon wieder ein irrationaler Überschwang zu beobachten ist.

Das i-Tüpfelchen auf dem derzeitigen Giftcocktail an negativen Nachrichten stellt sicherlich das politische Tauziehen um die Anhebung der Schuldenobergrenze in den USA dar. Finanzministerin Yellen hat davor gewarnt, dass der „X-Day“, an dem dem US-Finanzministerium das Geld ausgeht, am 1. Juni erreicht sein könnte. Wird die Schuldenobergrenze von bislang 31,4 Billionen US-Dollar bis dahin nicht angehoben oder ausgesetzt, kann die Regierung einige ihrer Zahlungen nicht mehr leisten. Dazu könnten beispielsweise Zinszahlungen oder auch die Rückzahlung fällig werdender Staatsanleihen gehören, was einem Staatsbankrott gleichkäme. Die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Finanzmärkte, die mit einem – selbst nur kurzen – Zahlungsausfall verbunden sein könnten, wären vermutlich schwerwiegend. Weil allen Beteiligten diese Effekte bekannt sind, ist die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls nahezu null. Dennoch sieht es so aus, als ob eine Einigung erst in letzter Sekunde gelingen wird, sodass die Aktienmärkte zunächst unter Druck stehen dürften. Dies könnte allerdings wie schon so häufig der für die Politik notwendige Weckruf für einen Kompromiss sein. 

Trotz der derzeit weit verbreiteten Skepsis gegenüber Aktien ist festzustellen, dass die Berichtssaison für das erste Quartal zu einer Vielzahl von positiven Gewinn- und Umsatzüberraschungen geführt hat. Die notwendigen Anpassungen der Gewinnschätzungen seitens der Unternehmensanalysten haben dazu geführt, dass die sogenannten Forward Earnings, also die für die kommenden 12 Monate erwarteten Unternehmensgewinne, für den DAX und für den Euro Stoxx 50 auf ein Rekordniveau angestiegen sind. Insofern sind die Kursrekorde auch keine große Überraschung, da sich die Aktienkurse primär an den Unternehmensgewinnen orientieren. Im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt seit dem Jahr 2003 von 12,6 ist der DAX also trotz seines guten Laufs in diesem Jahr immer noch günstig bewertet, sodass bis zum Jahresende ein Kursanstieg auf 17.000 Punkte möglich ist, wenn es nicht doch noch zu einer schwereren Rezession kommt. 

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